Referendum: Sonntagsallianz sagt Nein zum 24-Stunden-Betrieb im Verkauf

Bern, 5.12.2012 – Der Nationalrat hat heute definitiv beschlossen, die Ladenöffnungszeiten bei Tankstellenshops ausdehnen. Dieser Entscheid ist für die Sonntagsallianz inakzeptabel. Er führt zur Ausdehnung der Sonntagsarbeit und der Einführung des 24-Stunden-Betriebs im Detailhandel – mit gravierenden Folgen für Beschäftigte und Gesellschaft. Das Referendum gegen die Vorlage wird deshalb aus den Reihen der Sonntagsallianz mitlanciert.

Der Nationalrat hat der Einführung von Nacht- und Sonntagarbeit für Tankstellenshops in der zweiten Beratungsrunde zugestimmt. Dies ist für die Sonntagsallianz inakzeptabel. Eine Umsetzung der Vorlage weitet die bestehende Sonntagsarbeit aus und führt erstmals den 24-Stunden-Betrieb im Detailhandel ein.

Die Liberalisierung bei den Tankstellenshops steht am Anfang einer gefährlichen Entwicklung: Bereits jetzt kritisieren andere Detailhändler die Ausnahmen zugunsten der Tankstellenshops und fordern gleich lange Spiesse. Entsprechende Vorstösse sind im Parlament platziert. So hat beispielsweise gestern der Ständerat einer Motion zugestimmt, die Sonntagsarbeit im Verkauf flächendeckend einführen würde.

Die Folgen wären gravierend: Sonntags- und Nachtarbeit verschlechtern die bestehenden Arbeitsplätze, sind erwiesenermassen gesundheitsschädlich und erschweren das Sozialleben der Beschäftigten und Familien erheblich. Um eine weitere Aushöhlung des gesellschaftlich wichtigen Verbots von Sonntagsarbeit zu verhindern, wird das Referendum aus den Reihen der Sonntagsallianz mitlanciert.

Die Sonntagsallianz ist eine breite Vereinigung von ArbeitsmedizinerInnen, Kirchen, politischen Parteien, Gewerkschaften und Frauenverbänden.

Sonntagsallianz sagt Nein zum 24-Stunden-Betrieb im Verkauf: Referendum wird unausweichlich

Medienmitteilung Sonntagsallianz vom 13. November 2012 – Die Wirtschaftskommission des Nationalrates will die Ladenöffnungszeiten bei Tankstellenshops ausdehnen. Dieser Entscheid ist für die Sonntagsallianz inakzeptabel. Folgt der Nationalrat diesem Vorentscheid, bedeutete dies die Ausdehnung der Sonntagsarbeit und die Einführung des 24-Stunden-Betriebs im Detailhandel. Das wäre ein Dammbruch mit gravierenden Folgen für Beschäftigte und Gesellschaft. Die Sonntagsallianz wird deshalb ein allfälliges Referendum gegen die Vorlage mitlancieren.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats ist heute dem Ständerat gefolgt und hat der Einführung von Nacht- und Sonntagarbeit für Tankstellenshops zugestimmt. Dies ist für die Sonntagsallianz inakzeptabel. Eine Umsetzung der Vorlage weitet Sonntagsarbeit aus, führt erstmals den 24-Stunden-Betrieb im Detailhandel ein und stellt somit einen
Dammbruch dar, den es zu verhindern gilt.

Die Verlängerung der Öffnungszeiten bei den Tankstellenshops hat zur Folge, dass der restliche Detailhandel die Ladenöffnungszeiten anpassen und ebenfalls stark ausweiten wird. Bereits jetzt sind entsprechende Vorstösse lanciert, und es werden gleich lange Spiesse mit den Tankstellenshopbesitzern gefordert. Diese Entwicklung zieht flächendeckende Sonntags- und Nachtarbeit im Detailhandel nach sich – dies wäre der Anfang vom Ende der von der Schweizer Bevölkerung geschätzten Sonntagsruhe.

Die Folgen wären gravierend: Sonntags- und Nachtarbeit verschlechtern die bestehenden Arbeitsplätze, sind erwiesenermassen gesundheitsschädlich und erschweren das Sozialleben der Beschäftigten und Familien erheblich. Dies ausgerechnet in einer Branche, in der bereit jetzt die Arbeitsbedingungen häufig miserabel sind und kaum Gesamtarbeitsverträge zum Schutz des Personals existieren. Betroffen sind vor allem Frauen. Sie machen die Mehrheit
der Beschäftigten im Detailhandel aus. Auch gesundheitlich gehören sie zu den Hauptleidtragenden: Nacht- und Sonntagsarbeit kann zu massiven Problemen führen. Am häufigsten sind chronische Müdigkeit und Schlafstörungen. Zudem begünstigt das Arbeiten gegen den biologischen Rhythmus Herz-/Kreislauferkrankungen, führt vermehrt zu Magen-
/Darmgeschwüren und zu Krebs, insbesondere zu Brustkrebs. Ausserdem sind Nacht- und Schichtarbeit erwiesenermassen Ursache für vermehrte Fehlgeburt, Frühgeburten und vermindertes Geburtsgewicht.

Von der fortschreitenden Flexibilisierung der Arbeitszeiten sind vor allem Lebensformen betroffen, die ohnehin einen hohen Koordinationsbedarf haben: Familien, Beziehungen mit Kindern, familiäre und nachbarschaftliche Betreuungsverhältnisse. Der gemeinsame Sonntag bildet das wichtigste und häufig einzige Zeitfenster in der Woche für das Zusammensein der gesamten Familie. Die permanente Ausweitung der Ladenöffnungszeiten und die
Aufweichung der Sonntagsruhe reduzieren die Menschen auf ihre Arbeitskraft, gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt und fördern eine schleichende soziale Desintegration.

Damit wichtige gesellschaftliche Errungenschaften nicht rein wirtschaftlichem Interesse geopfert werden, wird die Sonntagsallianz ein allfälliges Referendum gegen die Verschlechterung des Arbeitnehmerschutzes mitlancieren – zum Schutz des betroffenen Personals und zur Erhaltung gesellschaftlich wichtiger Freiräume.
Die Sonntagsallianz ist eine breite Vereinigung von ArbeitsmedizinerInnen, Kirchen, politischen Parteien, Gewerkschaften und Frauenverbänden.
Weitere Informationen:

  • Klaus Stadtmüller, Präsident der schweizerischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin, Tel. 079 237 97 10, 032 653 85 48
  • Vania Alleva, Mitglied der Geschäftsleitung Unia, Vizepräsidentin schweizerischer Gewerkschaftsbund, Tel. 079 620 11 14
  • Wolfgang Bürgstein, Generalsekretär Justitia et Pax / Bischofskonferenz, Tel. 031 381 59 57
  • Daniéle Lenzin, Co-Präsidentin syndicom – Gewerkschaft Medien und Kommunikation, Tel. 079 303 24 69
  • Lieselotte Fueter, Präsidentin Evangelische Frauen Schweiz, 079 302 45 35
  • Kurt Regotz, Präsident Syna, 079 617 62 94.

Gründungserklärung Allianz “Freier Sonntag Schweiz“

13.06.2012 – Arbeitsfreie Sonn- und Feiertage sind ein hohes Gut. Sie sind Tage der Ruhe, der Gemeinschaft, der Freiheit und der Familie. Am Sonntag gilt die Musse, nicht das Muss. In seiner von keinem Naturrhythmus vorgegebenen Regelmässigkeit ist der wöchentliche Ruhetag ein Geschenk. Er schafft Raum für die Seele und für das Miteinander. Davon lebt auch das Engagement vieler Menschen im kulturellen, religiösen, sportlichen, sozialen oder politischen Bereich. Freie Sonntage sind eine frühe soziale Errungenschaft und Teil unserer Kultur.

Gesetze schützen freie Sonn- und Feiertage
Der Gesetzgeber hat diesem Umstand Rechnung getragen. Artikel 18 des Arbeitsgesetzes schützt die Sonntage – damit die Gesundheit der Arbeitnehmenden – und verbietet die Sonntagsarbeit grundsätzlich. Sonntagsarbeit wird nur bewilligt, wenn sie aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unentbehrlich ist oder ein schwerer Mangel in der
Bevölkerung entsteht.

Ausnahmen gefährden Sonntagsruhe
Immer mehr Facetten des menschlichen Lebens werden der ökonomischen Betrachtungsweise untergeordnet. Eine weite Auslegung des Gesetzes und immer mehr Ausnahmeregelungen zugunsten von Branchen wie dem Detailhandel oder einzelner Unternehmen drohen das generelle Verbot der Sonntagsarbeit zu untergraben. Meist gehen einer neuen Ausnahme Verstösse gegen das Verbot voraus. Bei jedem Liberalisierungsschritt führen die Befürworter ins Feld, es handle sich nur um eine Ausnahme für einen begrenzten Bereich, die kaum ins Gewicht falle. Das gesetzlich geregelte Verhältnis von Arbeit und Ruhe wird damit jedoch immer mehr in Frage gestellt.

Das hat spürbare Folgen: Die Arbeitszeiten werden immer flexibler, immer mehr Menschen sind der Erwartung ausgesetzt, ihre Arbeitszeit den Wünschen der Arbeitgeber resp. der Auftragslage und den Kundenfrequenzen anzupassen. Sie sollen ihre Arbeitskraft rund um die Uhr verfügbar halten, jederzeit einsetzbar sein im Handel und Tourismus, in industriellen
Produktionsprozessen und im Dienstleistungsgewerbe. Die Zahl der Beschäftigten, die am Sonntag arbeiten, ist zwischen 2003 und 2009 um 12% gewachsen auf über 400’000 (Quelle: SAKE).

Der Sonntag darf nicht den Wirtschaftsinteressen geopfert werden
Die beschriebene Entwicklung reduziert den Menschen auf seine Arbeitskraft und gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Aufweichung der Sonntagsruhe fördert eine schleichende soziale Desintegration. Auch volkswirtschaftlich geht die Rechnung nicht unbedingt auf: Einzelne Betriebe mögen gewinnen, in der Branche aber findet häufig mehr eine Verlagerung als eine Ausweitung des Umsatzes statt.

Den gemeinsamen freien Sonntag fördern
Die unterzeichnenden Organisationen, Gruppierungen und Personen wenden sich deshalb gegen einen weiteren Ausbau der Sonntagsarbeit und fördern den gemeinsamen freien Sonntag als:

  • Tag der Ruhe und Erholung, was auch dem Gesundheitsschutz dient
  • Tag der Familie, der Begegnung und der Gemeinschaft
  • Tag der religiösen und spirituellen Besinnung
  • Tag des Gottesdienstes
  • Tag des Freiraums, des Engagements und der vielfältigen Aktivitäten in Freizeit, Sport, Kultur oder zugunsten des Gemeinwohls

Die Allianz für den freien Sonntag fordert:

  • Die Sonntags- und Feiertagsruhe muss generell gesetzlich geschützt bleiben
  • Die bestehenden Ausnahmen sind laufend und streng auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen. Für Ausnahmen müssen gesetzliche und gesamtarbeitsvertragliche Regelungen bestehen.
  • Sonn- und Feiertagsarbeit muss die Ausnahme bleiben und einen höheren Preis haben als Normalarbeitszeit. Der Arbeitgeber muss sowohl für regelmässige wie auch für unregelmässige Sonntagsarbeit einen Zuschlag bezahlen.
  • Die Kontrolle und Sicherung der Sonn- und Feiertagsruhe muss gewährleistet, etwaige Verstösse durch die zuständigen Behörden konsequent geahndet werden.

Die Mitglieder der Allianz setzen sich für einen Schutz der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage und gegen die Ausdehnung der Sonn- und Feiertagsarbeit ein.